Bei der Glienicker Brücke handelt es sich im eigentlichen Sinn nicht um eine Agentenbrücke, wie es in den Medien und auch einigen Publikationen oft beschrieben wird. Neben dieser Austauschaktion vom 11. Februar 1986, war mit dem Austausch zwischen dem Spitzenspion der Sowjets, Oberst Rudolf Abel, und dem amerikanischen Pilot Gerry Powers, am 11. Februar 1962 und dem Austausch am 11. Juni 1985 zwischen 23 Häftlingen aus der DDR und vier im Westen inhaftierten Spionen, das Maß der Dinge erreicht. Bereits Wochen vor dem denkwürdigen 11. Februar 1986 begann ein Medienrummel größten Stils.
Die Amerikaner zogen alle Register, um diesen Austausch und damit ihre Aktivitäten einen großen Stellenwert in der Weltöffentlichkeit zu verschaffen. Tagelang war der Westteil der Glienicker Brücke von Reportern, Journalisten, Fotografen und Techniker in ein Heerlager verwandelt worden. Jeder wollte die Symbolfigur Schtscharanski (Dissident, Regimekritiker, Oppositioneller), verurteilt wegen Verrats und antisowjetischer Agitation, zuerst mit der Kamera einfangen. Spekulationen über den Zeitpunkt des Austausches wurden geschürt, Gerüchte der unterschiedlichsten Art machten ihre Runde. Alle Einzelheiten im Westberliner Brückenbereich wurden eingefangen, registriert und vermarktet. Ein Touristenstrom aus Westberlin setzte in Richtung Brücke ein, alle waren richtig auf geheizt. Die Amerikaner wählten dann den historischen 11. Februar aus, da am mit gleichem Datum des Jahres 1962 der Austausch zwischen Oberst Abel und Pilot Powers erfolgte. Bis in die höchsten Regierungsspitzen der USA und der UdSSR gab es bis zur letzten Minute einen Streit darüber, ob Anatolij Schtscharanski ein Bürgerrechtler oder Spion sei. Nach dem Willen der Sowjets sollte er wie die andren als Agent ausgetauscht werden. Da kam kurzzeitig noch Bewegung und Hektik auf. In letzter Minute setzten sich jedoch die Amerikaner mit ihrer Strategie und Taktik durch, ein Kompromiss wurde erzielt. Anatolij Sch. wurde vor den anderen freigelassen und durch RA Vogel mit seinem PKW zuerst zum weißen Strich gefahren.
Es war ein herrlicher Wintertag, mit viel Schnee und strahlenden
Sonnenschein. Der Austausch erfolgte diesmal im Verhältnis vier West zu fünf
Ost. Neben Anatolij Sch. wurden durch Rechtsanwalt Dr. Vogel der DDR Bürger
Wolf - Georg Frohn, der Tscheche Jaroslav Javorsky und der Bundesbürger Dietrich
Nistroy übergeben und als Äquivalent Hanna und Karl Köcher, der sowjetische
Computerspezialist Semjiakow, der polnische Geheimdienstler Jerzy Kaczmarek
und Detlef Scharfenorth in Empfang genommen. Sie bestiegen auf der Brückenmitte
nacheinander den PKW von RA Vogel, gefahren von seiner Ehefrau, und fuhren
zuerst bis zur Schwanenallee auf der Potsdamer Seite. Dort erfolgte die Begrüßung
durch Mitstreiter aus der Heimat und leitenden Offizieren des MfS, welche
unter Leitung von Oberst Volpert, die Aktion steuerten.
Während die westlichen Medien, wie bereits geschildert, sich diesen Ereignissen
in Rundfunk, Fernsehen und Presse, im großen Umfang widmeten, gab es seitens
der DDR in einer Tageszeitung "Neues Deutschland" vom 12. Februar 1986,
lediglich folgende lakonische Meldung:
“Austausch auf der Glienicker Brücke Auf Grund von Vereinbarungen zwischen
den USA und der BRD sowie der UdSSR, der CSSR, der VRP und der DDR fand am
Dienstag, den 11.2.1986 ein Austausch von Personen statt, die durch die jeweiligen
Länder inhaftiert worden waren. Darunter befanden sich mehrere Kundschafter“.
Da über die Einzelheiten der Aktion auf Potsdamer Gebiet, bisher relativ wenig der Öffentlichkeit vermittelt wurde, sollen wichtige Abschnitte dieser historischen Stunden in einer Bildreportage dargestellt werden.
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